Die Sommerschule der Wiese
Ein langes, fröhliches Insektenmärchen über Zusammenarbeit, Mut und die Wunder vor der Haustür – mit Biene, Marienkäfer, Grashüpfer & Schmetterling.
Die Wiese war eine Stadt aus Grün. Halme waren Türme, Blüten waren bunte Plätze, und zwischen all dem schimmerte die Luft wie Glas. Biene Bibi surrte aufgeregt von einer Kornblume zur nächsten. Heute begann die Sommerschule – eine Zeit, in der alle voneinander lernten: bestäuben, beschützen, bauen.
„Ich unterrichte Duftwege!“, rief Bibi. Marienkäfer Pünktchen wackelte fröhlich mit den Flügeldecken. „Und ich zeige, wie man Blattläusen freundlich, aber bestimmt sagt: Bis hierher und nicht weiter.“ Grashüpfer Rocco stimmte ein leises Lied an, das klang wie Regen auf Dachziegeln. „Ich mache Musik, damit alle in Takt arbeiten.“
Über ihnen tanzte Schmetterling Nala in weiten Bögen. „Ich male Wege, die das Auge sieht“, sagte sie, „von Gelb zu Blau zu Rot – damit neue Flieger nicht verloren gehen.“ Die Wiese summte vor Vorfreude, denn in drei Tagen sollte das Blütenfest stattfinden – ein Fest, bei dem die Wiese ihren eigenen Sommer feiert.
Bibi übte mit den Jungbienen, Duftspuren zu lesen. „Lavendel sagt: ruhig. Klatschmohn sagt: schnell. Kornblume sagt: fröhlich“, erklärte sie. Pünktchen zeigte auf einem Blatt, wie man Blattläuse sanft abstreicht, ohne die Pflanze zu verletzen. Rocco sprang über einen Grashalm und lachte. „Immer mit Schwung, aber nie zu wild.“ Nala legte sich auf eine Margerite und sonnte ihre Flügel, damit sie später Farbe in die Luft malen konnte.
Am Nachmittag flüsterte der Wind von einem Sturm in der Ferne. Die Halme neigten sich, als übten sie Verbeugungen. „Wir müssen sichern“, rief Bibi. Pünktchen sammelte kleine Tautropfen in eine Blattmulde – Wasser für später. Rocco band mit einem Grashalm zwei dünne Stiele zusammen, damit sie sich stützen. Nala flog zu den noch geschlossenen Knospen und flüsterte: „Bleibt nah, gleich wird es windig.“
Der Sturm kam schnell, aber nicht böse – nur kräftig und ungeordnet. Halme bogen sich, einige Blüten verloren Blätter, eine kleine Raupe rollte vom Blatt und klammerte sich an die Luft. „Festhalten!“, rief Pünktchen und breitete die Flügel. Bibi stach nicht, sie sang – einen tiefen, brummenden Ton, der die Jungbienen versammelte. Rocco stellte sich in den Wind und sprang so, dass er auf einem losen Blatt landete und es mit seinem Gewicht am Boden hielt. Nala flog in Spiralen, um die Raupe zu beruhigen. „Hier!“, rief sie. Bibi und Pünktchen trugen die Raupe auf ein dickes, sicheres Blatt.
Als der Sturm weiterzog, lag die Wiese ein wenig bunt durcheinander. „Wir räumen auf“, sagte Bibi. Pünktchen sammelte gefallene Blütenblätter ein – nicht, um sie wegzuwerfen, sondern um sie zu kompostieren. „Aus Alt wird Neu“, erklärte er den Kleinen. Rocco spannte Halme neu, Nala malte wieder Wege – diesmal mit Tropfen, die in der Sonne funkelten.
Am nächsten Morgen roch die Wiese frisch, wie eine neue Seite in einem Buch. Die Raupe kuschelte sich in einen Kokon. „Ich werde bald anders sein“, flüsterte sie und schlief. „Verwandlung ist Wiesenmagie“, sagte Nala andächtig. Bibi überprüfte die Nektarwege, Pünktchen kontrollierte die Blätter, Rocco stimmte ein aufwachendes Lied an. Alles fand seine Form zurück.
Am Tag des Blütenfests öffnete die Sonne die Wolken wie Vorhänge. Die Jungbienen flogen eine kleine Parade, Pünktchen führte sie über die sichersten Blätter, Rocco spielte den Takt, und Nala wehte farbige Luftfahnen. Die Raupe im Kokon rührte sich. „Jetzt“, flüsterte Nala. Vor allen Augen platzte der Kokon auf – ein Schmetterling schlüpfte, seine Flügel weich und knittrig. Bibi hielt den Atem an, Rocco sprang vor Freude, Pünktchen wischte heimlich eine Träne weg.
Der neue Schmetterling pumpte Luft in die Flügel, bis sie glatt und stark waren. Dann hob er ab und folgte Nalas gemaltem Weg. „Willkommen in der Sommerschule“, rief Bibi. „Deine Hausaufgabe: fliegen, staunen, teilen.“ Der Schmetterling lachte – oder vielleicht war es nur das Glitzern seiner Flügel.
Als Abend wurde, legte sich ein goldener Glanz auf die Wiese. Bibi kuschelte sich in den Duft von Thymian, Pünktchen schlief unter einem warmen Blatt, Rocco strich noch einmal über seine Geigenbeine, Nala faltete die Flügel. „Wie stark die Kleinen sind“, murmelte Bibi. Pünktchen nickte im Traum. „So stark wie ein Fest aus Farben.“
Die Wiese atmete langsam, und irgendwo klang noch Roccos Lied – zart wie ein Faden, der alles zusammenhält.
Gute Nacht.
Figuren & Produkte aus der Geschichte
FAQ
Für welches Alter?
3–10 Jahre, fröhlich & wissensfreundlich.
Vorlesezeit?
10–15 Minuten.
Werte?
Zusammenarbeit, Naturverbundenheit, Resilienz (aus Alt wird Neu).